Life is what happens, while you’re busy making plans – mein Abschied vom Leistungssport

Ich bin gerade vom Training heimgekommen als ich beginne diese Zeilen zu schreiben. Soweit alles beim Alten und doch könnten die Umstände nicht anders sein. Im Moment in dem ihr diese Zeilen lest bin ich offiziell kein Leistungssportler mehr. Das Kapitel Leistungssport endet, das in den ersten 24 Jahren mein Lebensmittelpunkt war.

Vor genau einem Monat habe ich den DLV informiert, dass ich meine Karriere beende. Der Hauptgrund ist natürlich meine Verletzungsmisere, wegen der ich seit 2 Jahren nur noch unter Schmerzen oder gar nicht trainieren konnte. Dieser Post soll aber kein stupides Herunterbeten meiner Doktorbesuche und Rehastunden mit tragischem Ende werden. Ich habe viele wertvolle Lektionen gelernt und tolle Erfahrungen gesammelt, die ich gerne teilen will. Genauso soll er aber auch ein Stück Realität sein, in einer Welt, in der höher, schneller, weiter das einzige Gesetz ist. Er soll ehrlich sein und ungeschönt, mit allen Höhen und Tiefen des Leistungssports.

Nach dem super Jahr 2013 und dem Comeback 2014 wurde die Saison 2015 mit Verletzungen und Pfeifferischem Drüsenfieber zur harten Landung. Die Sporthilfe wurde gestrichen und damit auch die Studiumsunterstützung. Der Erfolg hat viele Väter, die Niederlage ist ein Waisenkind. Außerdem wusste ich, das ich im College Zeitplan nicht genug Zeit hätte, meine Verletzungen auszukurieren. Deshalb habe ich den Platz im Uni-Team aufgegeben, was natürlich zur Folge hatte, dass ich die Studiengebühren komplett selbst bezahlen musste. Ich habe alles auf eine Karte gesetzt, um die besten Chancen auf Rio zu haben. Dennoch war von Anfang an klar, dass es ein langer Weg wird.

Ende August fühlte ich mich körperlich wieder gut und war überzeugt, dass ich die Krankheit auskuriert hatte. Mit dem Adduktor hatte ich bis November zu kämpfen. Aber das Knie wurde einfach nicht besser. Es folgten weitere MRTs und Arztbesuche. Schließlich eine Athroskopie im November, die jedoch auch nicht den gewünschten Erfolg brachte. Dann auch noch Kortison-Spritzen im Januar und Februar, auch die verpufften wirkungslos. Knochen ok, Knorpel ok, Sehnen ok, Bänder ok, Menisken ok und die gesamte Palette der Medizin ausgeschöpft. Die Schmerzen aber blieben und mit ihr die Ratlosigkeit. Ich hätte mir öfter einen Kreuzbandriss gewünscht, da hätte ich wenigstens gewusst wie lange es dauert. Im März bestand mein Training nur noch aus Schwimmen und Radfahren und als dann irgendwann selbst die Wenden beim Schwimmen Schmerzen verursacht haben, habe ich die Reißleine gezogen.

Wer Leistungssport betreibt lebt in einer Blase. So viele Entscheidungen erscheinen selbstverständlich. Die wahre Tragweite und Konsequenzen holen viele erst später ein. Ich war ein Musterschüler der dualen Karriere. Bachelor und Master in Regelstudienzeit neben dem Sport. In meiner Vorstellung habe ich mich bis 2020 ganz auf den Sport konzentriert und wäre dann nach Ende meiner Karriere in den Beruf eingestiegen. Wie naiv diese Einstellung war, wurde mir erst bewusst als ich in meinem Master intensiv mit Nichtsportlern in Kontakt kam. Denn die Welt bleibt nicht stehen und während man seine sportlichen Ziele verfolgt. Viele Recruiter und Führungskräfte respektieren Leistungssport und Charakterzüge wie Ehrgeiz und Durchhaltevermögen, aber fehlende Berufserfahrung wird mit zunehmendem Alter mehr und mehr zum Problem.

Eigentlich sollte gerade uns im Sport das nicht überraschen. Auch wir wählen Trainer in erster Linie aufgrund ihrer eigenen sportlichen Erfolge und fachlichen Fähigkeiten aus und erst dann auf Grundlage ihrer menschlichen und pädagogischen Fähigkeiten. Mit jedem Jahr jenseits der 20 beginnt der Rest praktische Erfahrung zu sammeln und im Extremfall hast du als 30 Jähriger ehemaliger Leistungssportler den Wissenstand eines Praktikanten. Die Ausnahme sind natürlich Berufe, die direkt mit dem Sport in Verbindung stehen: Trainer und Physios. Stellen von denen es wenig gibt und die nicht gerade gut bezahlt sind. Für alle anderen wird die Luft jenseits der 25 dünner und dünner. Leistungssportler haben durchaus die Qualitäten von guten Führungskräften, aber Berufserfahrung ist für diese Positionen schlichtweg unabdingbar. Genau wie selbst das größte Talent im Sport ohne Training nie zu Olympia fährt.

Langsam reifte die Erkenntnis in mir, dass keine Punktzahl und keine Medaille dieses Problem lösen würde. Mit oder ohne Olympiagold, die Lücke beim Bewerbungsgespräch ist praktische Erfahrung, nicht Charakterstärke. Mir wurde klar, dass selbst ein Best Case Scenario mit schneller Regeneration und Olympia 2020 das Thema nur nach hinten schiebt und verschlimmert. Es stehen die nächsten 40 Jahre auf dem Spiel, nicht nur die nächsten 4. Beim Gedanken als 30-jähriger Berufseinsteiger von einem 25-jährigen Anweisungen zu bekommen und sich vielleicht noch vom 18-jährigen Praktikanten Begriffe und Programme erklären lassen zu müssen dreht sich mir der Magen um. Klar hätte ich gern noch weiter Zehnkampf gemacht. Ich glaube nicht, dass 8293 alles waren. Aber mit Blick auf die Zukunft, ist es ein Luxus den ich mir nicht leisten kann. Weder finanziell noch mit Blick auf die verlorene Berufserfahrung.

Der Übergang ins Leben nach dem Leistungssport war sicherlich nicht ganz einfach. Weg ist der strukturierte Tagesablauf, auf einmal muss man Wochenenden planen, zum Sport treiben muss man sich jetzt Zeit schaffen. Man hat viel mehr Freiheiten, aber gleichzeitig wird die vorher so klare Welt ganz schön diffus. Es gibt keinen Trainingsplan, der sagt wie viele Wiederholungen, keinen Trainer der Disziplin und Hingabe einfordert und auch die Gespräche drehen sich nicht mehr um Periodisierung. Man sagt Leistungssportler sterben zweimal: Einmal wenn sie ihre Karriere beenden und wenn sie wirklich das Zeitliche segnen. Man muss sich ein Stück weit neu erfinden und den Leistungssportler hinter sich lassen. Das braucht Zeit und kann teilweise ganz schön frustrierend sein, denn man geht von absoluter anerkannter Experte in der alten Sportwelt zum absoluten Anfänger in der „echten“ Welt. Letztlich führt daran aber kein Weg vorbei und der einzige Weg das Hoch vergangener Tage wieder zu erleben ist einen neuen Bereich zu meisten.

Es war eine unvergleichliche Zeit. Rückblickend hätte ich auf dem Weg öfter mal stehen bleiben sollen und die Sicht genießen. Ich war immer so auf den Saisonhöhepunkt fokussiert, dass die ganzen Trainingsmonate fast an mir vorbei geflogen sind. Durch die Verletzungen habe ich gelernt, dass man weniger in der Hand hat als man glaubt. Der Weg ist tatsächlich das Ziel. Wenn ich eine Tartanbahn sehe kribbelt es immer noch und ich werde die Leichtathletik immer im Herzen tragen. Ich habe unglaublich viele interessante und beeindruckende Menschen kennen lern dürfen. Ich habe Erfolge gefeiert und mich wie der König der Welt gefühlt, ich habe Boden gelegen und gelitten wie ein Hund. Ich bedanke mich bei meinen Eltern und Geschwistern, die all das überhaupt erst mögliche gemacht haben, meinen Trainern, insbesondere Ottmar und Axel für all die Unterstützung, meinem Verein Leverkusen, die mir auf meinem etwas anderen Weg den Rücken freigehalten haben und allen die über die Jahre mitgefiert haben!

Und so bin ich am Ende vor allem dankbar für all die Emotionen und Momente, die viele in einem ganzen Leben nicht erleben dürfen und egal wie taff das echte Leben vielleicht ist, viel schlimmer als die 1500 nach 9 Disziplinen kanns nicht sein.

Euer Johannes

 

 

 

 

 

 

Naturtalente gegen Arbeitstiere – wer sind die besseren Athleten?

Die ersten olympischen Spiele der Neuzeit fanden erstmals 1896  in Athen statt. In über 100 Jahren modernen Sports, haben sich viele außergewöhnliche Athleten in die Geschichtsbücher eingetragen. Namen wie Jim Thorpe und Jesse Owens sind auch Jahrzehnte nach ihren großen Erfolgen noch allgegenwärtig. Nicht nur als Namensgeber für Trophäen und Preise, sondern vor allem wenn  wieder einmal die größten Leichtathleten der Geschichte gesucht werden. „Naturtalente gegen Arbeitstiere – wer sind die besseren Athleten?“ weiterlesen

Die Freuden des Frühaufstehens und wie man besser aus dem Bett kommt!

den-wecker-anbruellenMein Wecker klingelt um 5:30 Uhr. Die Zeit für Frühstück & Co is knapp bemessen, denn jede Minute Schlaf zählt. Ich beginne den nächsten Tag, wenn einige meiner Kommilitonen gerade den Letzten beschließen und nach Hause taumeln. Egal ob Sommer oder Winter, es ist immer dunkel, wenn ich das Haus verlasse. Die Straße Richtung Campus ist komplett leer gefegt. Und obwohl der wilde Westen schon seit ein paar Jährchen der Vergangenheit angehört, fühle ich mich auf meinem Motorrad ein wenig wie Buffalo Bill, der einsam über die weite Prärie galoppiert. Noch bevor in den meisten anderen Wohnungen die Lichter angehen, habe ich schon meine ersten Sit-ups hinter mir. Wenn in den Küchen die Kaffeemaschinen ihre Arbeit antreten, habe ich schon Bankdrücken und Kniebeugen hinter mir. Und um 8 Uhr, wenn viele schlaftrunken die Haustür hinter sich schließen, habe ich schon die erste Trainingseinheit des Tages im Sack.

Was ich da beschreibe, klingt für die meisten – nicht nur Studenten- wie ein Alptraum. Früh aufstehen – sehr früh aufstehen und dann auch noch Sport treiben. Als ich hier in den USA ankam und von diesen unchristlichen Trainingszeiten erfahren habe, ist mir auch erst einmal gründlich die Kinnlade runtergefallen. Meine einzige Hoffnung war, dass ich ja aufgrund des Jetlags sowieso mitten in der Nacht aufwachen würde. Seitdem sind zwei Jahre vergangen und ich würde es nicht mehr anders wollen! Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass es keine Tage gibt, an denen ich aufwache und mich frage welcher Laster mich gerade überrollt hat, aus drei Zentimetern die Uhrzeit nicht lesen kann und denn Wecker für sein respektloses Gepiepse in die ewigen Jagdgründe schicken will.

82557966Meistens jedoch, bin ich spätestens auf der Fahrt voller Energie und Vorfreude. Das liegt nicht nur daran, dass ich meinen Sport liebe. Ich habe zwei oder drei Stunden Vorspung auf den Rest. Es heißt immer, wer der beste sein will, muss trainieren, wenn kein anderer es tut. Ich bin ziemlich sicher, dass um 6:30 kaum jemand sonst unter einer 300kg Hantel steht und Kniebeugen macht. Es ist wie ein Fehlstart, der nicht zurückgeschossen wird. Noch bevor die to-Do Liste für den Tag zusammengestellt ist streicht man schon Punkte durch und wenn ich um 8 Uhr aus dem Kraftraum komme, ist der Tag lang und die Liste kurz. Ein Grund, warum es so schwer ist abends zu trainieren, ist der: da man tagsüber schon so viel an der Liste gearbeitet hat und den letzten Punkt dann lieber auf morgen verschiebt.

Zugegeben, ich bin ein Morgenmensch. Das liegt glaube ich daran, dass ich schlafe wie andere Leute blinseln. Wenn ich abends das Licht ausschalte, schlafe ich mitten im nächsten Satz ein und wache morgens mit dem Rest des Satzes wieder auf; wie blinseln eben. Dennoch gibt es ein paar Tipps, die das frühe Aufstehen leichter machen:

 

1. Nach Schlafzyklen schlafen: Für viele fühlt ist Einschlafen an als ob das Licht (das Bewusstsein) ausgeht. Dann vielleicht ein bisschen vom Lottogewinnträumen und am morgen geht das Licht wieder an. Während wir jedoch schlafen, durchläuft unser Gehirn vier verschiedene Phasen. Von nahe zu wach (Phase 1/REM) bis Tiefschlaf (Phase 3 und Phase 4). Wie ein Welle beginnt man mit Phase 1 gleitet hinunter bis Phase 4 und klettert dann wieder hinauf zu Phase 1. Das ganze dauert circa 90 Minuten. Was hilft das ganze um morgens aus dem Bett zu kommen? In Phase 1 bzw. im REM-Schlaf ist das Gehirn fast wach. Wacht man in dieser Phase auf, ist es ein sanftes Aufwachen, so wie am Sonntag Morgen, wenn man von selbst aufwacht. Wacht man jedoch in Phase 4 auf, hat man die typische Schlaftrunkenheit. Für das Gehirn ist das ein absoluter Kaltstart. Als wäre man von jetzt auf gleich nicht mehr Schlagzeuger bei Clueso sondern Metallica. Da ist Verwirrung vorprogrammiert. Was heißt das für die Praxis? Wenn man entweder 6, 7,5 oder 9 Stunden schläft wacht man wesentlich besser auf. Die Zeiten sind dabei reine Schlafzeiten. Wer also eine halbe Stunde zum Einschlafen braucht sollte zum Beispiel 8 Stunden vor dem Wecker ins Bett gehen.

schlafphasen2. Vor dem Schlafen nicht Essen. Dieser Tipp hat gleich zwei Vorteile. Man schläft nicht nur besser sondern man isst auch besser. Ein altes Sprichwort sagt „Esse morgens wie ein Kaiser, esse mitags wie ein König, esse abends wie ein Bettler“. Doch was hat es damit auf sich? Es ist offensichtlich, dass man Kalorien am besten dann zu sich nimmt, wenn man sie auch verbraucht. Morgens und mittags liegt ein Großteil der Tagesaktivität vor einem und die Kalorien werden verbrannt. Je später man abends isst, desto weniger der Kalorien werden verbraucht und setzen dann  an. Dementsprechend sollten die Portionen über den Tag verteilt immer kleiner werden. Für das Schlafen allerdings hat das Essen einen anderen Einfluß. Während des Schlafens laufen viele Reperaturprozesse ab, die durch die Verdauung gestört werden. Diese Unruhe im Körper kann zu häufigem Aufwachen führen.

napping3. Power Naps: Wer nach Schlafzyklen schläft wird feststellen, ihm bleibt leider häufig nur die 6 Stunden Variante. Man wacht dabei zwar ziemlich erholt und frisch auf, aber nachmittags kommt dann eine gewisse Müdigkeit. Ich halte mich dann an Power Naps. Einfach für 15 min kurz wegnicken. Weder Nickerchen noch Mittagsschlaf passen wirklich, um diese Art des Schlafen zu beschreiben. Man schläft fast bewusst für 15 min ein. Dabei ist es gar nicht mal schlimm, wenn man nicht wirklich einschläft. Was zählt ist, dass dem Gehirn eine bewusste Pause zum Luftholen gegeben wird. Meist reicht das schon, um wieder eine klaren Kopf zu bekommen. Wichtig ist allerdings, dass man nicht zwischen 30 und 60 Minuten schläft, denn dann hat man wieder mit der Schlaftrunkenheit zu kämpfen. Wenn ich nach der Uni noch eine halbe Stunde bis zum Training habe, mache ich wirklich häufig Power Naps, um den Tag nochmal neu zu starten.

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Die größte Freude des Frühaufstehens ist allerdings das Leiden der Spätaufsteher in voller Pracht genießen zu können, wie sie sich schlaftrunken voran schleppen, nicht wissen wo oben und unten ist und ihr Heil im Starbucks Quadriple Espresso mit falsch geschriebenem Namen suchen. Spätestens dann hat sich das frühe Austehen gelohnt.

 

Die Startnummer hat ausgedient!

London, Juli 1908, eine Stadt im Ausnahmezustand. Die neuformierten Olympischen Spiele werfen ihre Schatten voraus. Es ist erst die 5. Austragung der Veranstaltung, die später zum weltweiten Megaevent wird. Nach zwei mäßigen Ausgaben in Paris 1900 und St. Louis 1904, finden die Spiele in London ihren Weg zurück ins Rampenlicht. Getragen von der Welle der Begeisterung im eigenen Land dominieren die Briten die Wettkämpfe. Mit 56 Olympiasieger gewinnen sie mehr als doppelt so viele Goldmedaillen wie die zweitplatzierten Amerikaner.

London 1908Über 100 Jahre liegen die Ergeignisse schon zurück. Die Namen der Sieger sind verblasst, die Zeitzeugen haben längst das Zeitliche gesegnet und vom Olmypiastadion ist nur noch die Ziellinie überig. Nur ein einziger Teil der Spiele von damals, ist auch heute noch so präsent wie schon vor über 100 Jahren, die Startnummer. Seitdem gab es Fortschritte in allen Lebensbereichen. Ein gutes Beispiel ist das Auto. Im gleichen Jahr der ersten Spiele in London erfand Henry Ford die Serienproduktion und die ersten Massenautos rollten vom Band. Heutzutage haben Autos Hybriedantriebe, Kameras und alle anderen Spielereien, aber die Startnummer ziert noch immer die Trikots der Sportler.

racedots3Die Probleme mit den Startnummern ist sicher so alt wie die Startnummer selbst. Sie sind unpraktisch, behindern das An- und Ausziehen der Trikots und zerreißen entweder selbst oder das Trikot. Ganz zu Schweigen davon, dass sie einfach nicht gut aussehen. Immerhin benutzen wir inzwischen Namen, anstatt von Nummern. Allerdings sind die höchstens im Fernsehbild zu erkennen und nicht von den Tribünen. Alternative Lösungen wie Mikrochips sind nur für lange Laufevents geeignet. Und so bleibt die Startnummer Jahr für Jahr wieder Teil der Leichtathletik. Dabei gibt es eine einfache Lösung, die nicht nur das Problem mit den Startnummern löst, sondern die Leichtathletik näher an die Fans bringt:

Individuelle Trikots mit Namen und Nummer

In allen anderen großen Sportarten sind die persönlichen Trikots Gang und Gäbe. Dennoch fällt es irgendwie schwer sich solche Trikots in der Leichtathletik vorzustellen. Ich bin mir aber sicher, dass sich Sportler und Fans schnell daran gewöhnen und dann kommen die ganzen Vorteile individueller Trikots zum Tragen.

rooneyDer größte Vorteil ist sicher das Merchandise. Fans hätten endlich die Möglichkeit das Trikot ihres Lieblingsathleten zu kaufen. Trikotverkäufe sind einer der größten Geldbringer für andere große Sportarten. Wie viel Geld wirklich in Trikotverkäufen steckt zeigt der neue Megadeal zwischen Adidas und Manchester United. 1.3 Milliarden bezahlt der Sportartikelhersteller dafür, dass Wayne Rooney und Co. die drei Streifen tragen. Alles eine reine Investition in die Markenwahrnehmung? Weit gefehlt, 1.5 Milliarden erwartet Adidas aus den Umsätzen vom Verkauf von Fanartikeln, der Löwenanteil davon sind Trikots. Individuelle Trikots böten eine neue Geldquelle für die Leichtathletik, die wir dringend brauchen.

Ein weiterer Vorteil ist eine größere Nähe zu den Fans. Schon auf dem Bolzplatz trägt jeder das Trikot seines Idols und versucht ihm nachzueifern. Fans wollen involviert sein, sich als Teil des Erfolgs verstehen, sie brauchen eine Möglichkeit ihre Unterstützung auszudrücken. Das Trikot seines Lieblingsathleten wäre ein guter Anfang. Warum sollten die Fans nicht mit Leichtathletiktrikots vor dem Fernseher sitzen, wenn sie Olympia schauen? Mit einem Trikot kann man sich als Fan identifizieren, seine Leidenschaft ausleben. Die Leichtathletik ist von Grund auf zahlenlastig, deshalb sollten wir jede Chance nutzen Emotionen und Leidenschaft zu fördern.

gleiche trikotsEin großer Namesschriftzug auf dem Rücken würde außerdem helfen die Athleten im Stadion zu erkennen. Bisher ist es für den Zuschauer im Stadion nur über Umwege wie Anzeigetafeln möglich die Namen der Sportler herauszufinden. Da hilft auch keine Laufvorstellung. Jegliches Interesse an den Sportlern selbst wird dadruch im Keim erstickt, weil es für den Fan unmöglich ist mehr Informationen über die Sportler zu bekommen. Und das Ganze nur, weil man den Namen nicht herausbekommt.

Dabei wären diese Informationen wie Athletenprofile, Twitter-, Facebookaccounts, etc. alle vorhanden. Was fehlt ist die Verbindung vom Athleten auf dem Platz zu den Informationen online. Genau diese Brücke würde ein Namensschriftzug lösen. Man kann einfach den Namen in Google hämmern und schon bekommt man alles auf dem Silbertablett präsentiert. Wir müssen das Fansein erleichtern. Die Leichtathletik muss vorgeschnitten und entkernt serviert werden, nicht naturbelassen wie bisher.

MICHAEL JORDANPersönliche Trikots helfen den Sportlern selbst eine klarere Identität zu geben. Teilweise laufen 6 von 8 Läufern in einem Sprintfinale mit den exakt gleichen Trikots. Es ist nicht verwunderlich, dass man ein wenig an Pferderennen erinnert wird. Es ensteht der Eindruck als wolle man die Persönlichkeit der Athleten bewusst außen vor lassen. Dabei ist genau die Persönlichkeit der Sportler elementar um eine Beziehung mit den Fans aufzubauen. Namen und Nummer würden die Athleten sichtbar voneinander unterscheiden und ein Teil des Image werden. Genauso wie die 23 immer mit Michael Jordan verbunden sein wird.

Ob persönliche Trikots in den nächsten Jahren Einzug in die Leichtathletik erhalten ist schwer zu sagen. Einen Versuch wäre es auf jeden Fall wert.

Ist die Leichtathletik überhaupt bereit für den Profisport?

article-2186292-1477F504000005DC-99_634x407Laut Definition ist Profisportler, wer seinen Sport berufsmäßig ausübt. Doch auch wenn viele Leichtathleten ihren Sport als Berufung sehen, ist die Leichtathletik weit davon entfernt ein Profisport zu sein. Mit zeitlichem Aufwand und professionellem Training hat das ganze dabei überhaupt nichts zu tun. Abgesehen von Ultra-Ausdauersportarten wie Triathlon, haben Zehnkämpfer sicherlich mit die längesten Trainingstage der Sportwelt. Und in Sachen Trainingsmethoden und Trainingssteuerung ist die Leichtathletik seit jeher Vorreiter.

Nicht umsonst sind so viele ehemalige Leichtathleten als Athletiktrainer in anderen Sportarten tätig. Die einzelnen Disziplinen haben ganz spezifische Anforderungen und dementsprechend waren Trainer und Athleten seit jeher auf der Suche nach der Perfektion einer einzelnen Fähigkeit. Nur wer optimal trainiert hat eine Chance auf Medaillen. Die Sportart an sich ist in der Tat hochprofessionell. Aber nur weil ich mein Rührei morgens unter idealen Bedingungen mit der besten Methode zubereite, bin ich noch kein Show-Koch.

Leichtathletik-WM-Auf-solche-Live-Bilder-muessen-die-Leichtathletik-Fans-in-Deutschland-wohl-verzichtenEs gibt einen Unterschied zwischen professionell betriebenem Sport und Profisport. Dieser Unterschied ist die Öffentlichkeit. Sport wird nur dann wirklich zum Profisport, wenn er in der Öffentlichkeit steht. Das ist beileibe nichts neues. Seit Jahren beschweren sich die Leichtathleten über mangelnde Fernsehzeiten und Medienpräsenz. Was also will ich damit sagen? Es braucht mehr als den Sport, um einen dauerhaften Platz in den Medien zu erlangen und dafür fehlt der Leichtathletik das Material. Es gibt schlicht und ergreifend nicht genug zugängliche Informationen, um daraus eine dauerhafte Berichterstattung zu machen. Das liegt zu einem großen Teil an den Athelten selbst, die kaum etwas von sich preisgeben.

Den wenigsten ist dabei bewusst, dass genau das der Preis ist, mit dem man öffentliche Aufmerksamkeit bezahlt. Die Situation wird noch offensichtlicher, wenn man sich in die Position der Medien versetzt. Welcher neutrale Journalist macht sich die Arbeit Telefonnummern von Leichtathleten herauszufinden, dann jeden einzeln durchprobieren, um am Ende vielleicht doch ohne Story dazustehen, wenn er einfach eine Story über den neuesten Photoshoot einer australischen Surferin zu bringen, deren Bilder er direkt auf dem Bildschirm hat? Die Antwort ist offensichtlich.

Dan-and-DaveMeiner Meinung nach wäre es nicht so schwer die Leichtathletik in die Öffentlichkeit zu pushen. Das fängt an mit Nummern auf dem Trikot inclusive Name. Damit wäre auch endlich die leidige Startnummerndiskussion erledigt. Dazu kann man disziplinspezifische Teams etablieren in denen alle Topathleten integriert sind. Dadurch wäre man in der Lage wirklich große Sponsoren anzulocken. Das amerikanische Zehnkampfteam wurde in den 90er Jahren von VISA mit einem 7-stelligen jährlichen Betrag gesponsort. VISA war bereit so viel Geld zu investieren, weil sie die Sicherheit hatten, die nächsten Olympioniken und  Medaillengewinner zu sponsoren, unabhängig davon wer die eigentlich Athleten sind.

Das ist ein extrem wichtiger Punkt. Unternehmen wollen Sicherheit. Zur Zeit wird jeder Athlet einzeln gesponsort und das Risiko einer Verletzung oder schlechter Leistungen senkt den Wert erheblich. Die Athleten zahlen quasi einen Risikoaufschlag. Das ist einer der Hauptgründe, warum viele der bestbezahlten Sportarten Mannschaftssportarten sind. Die Audiringe sind am Samstagabend auf dem Bayerntrikot im Sportstudio, egal ob Schweinsteiger drin steckt oder nicht. Wenn ein Leichtathlet nicht gewinnt ist weder er noch sein Sponsor in der Kurzzusammenfassung. Mit gemeinsamen Teams hätten die Sponsoren die Sicherheit.

3364277-full-4543_72-teaser620x348Zu guter Letzt gehört auch ein bewusster Schritt in Populärmedien abseits des Sports dazu. Vom „Frühstücksfernsehen“ bis „Promi Wer wird Millionär“, von der tragischen Verletzungsstory in der Bild bis Fitnesstips im Focus. Wer die Fernsehsender zu mehr Leichtathletik zwingen will braucht genug Leute, die danach fragen. Dafür reichen die Fans der Sportart nicht. Die Masse muss nach den interessanten Typen aus den Medien fragen.

Es ist jedoch nicht der Weg in die Öffentlichkeit, der das wirkliche Problem ist. Es sind die Athleten selbst. Alle Versuche eine Athletengewerkschaft zu schaffen sind bisher gescheitert. Dabei wäre genau das ein großer Schritt in die richtige Richtung. Veranstaltungsmanager könnten nicht mehr willkürlich Athleten rein und raus würfeln, die Medien hätten endlich einen echten Ansprechpartner. Warum also funktioniert das ganze nicht? Die Erklärung ist relativ simple. Man hört als Athlet immer wieder, dass nicht genug Geld in der Sportart ist und dass es eben nur die  wenigsten schaffen. Es ist nicht verwunderlich, dass die wenigen, die davon leben können, nicht teilen wollen.

Mekhissi vs Baala-MonacoDL11Das Interessante ist jedoch, dass auch die, die nicht davon Leben können, lieber darauf hoffen mal zu den wenigen zu gehören, als das Geld zu teilen. Allerdings ist der Grundansatz falsch. Eine gemeinsame Gewerkschaft wäre als Verhandlungs- und Ansprechpartner in der Lage mehr finanzielle Mittel einzusammeln. Natürlich spielt auch Rivalität eine große Rolle. In einem Versuch sagten Probanden mehrheitlich, dass sie lieber 25 000$ verdienen würden, wenn alle anderen auch 25 000$ verdienen, anstatt 100 000$ zu verdienen, wenn die anderen 250 000$ verdienen. Das Ego spielt also auch eine große Rolle.

Also, ist die Leichtathletik bereit für den Profisport? Sind die Athleten bereit Personen des öffentlichen Lebens zu sein? Sind sie bereit als Kollektiv aufzutreten? Sind die Verantwortlichen bereit Veränderungen wie Trikots mit Namen und Nummern einzuführen? Ich bin da nicht so sicher…

„Wunderheilung“ – Operationen und schnelle Comebacks im Leistungssport!

„Der Leistungssport fängt da an, wo er schon lange aufgehört hat gesund zu sein.“, heißt es. Wer die Grenzen der menschlichen Leistungsfähigkeit verschieben will, überschreitet sie auch mal. Es ist ein ständiger Tanz auf Messers Schneide: Das maximal Mögliche herauszuholen, ohne den Körper zu überfordern. Es ist wie in der Formel 1. Wenn man die schnellste Rundenzeit fahren will, muss die Drehzahl fast im roten Bereich sein, vielleicht sogar mal kurz darin, um die volle Power aus dem Boliden zu holen. Solange man nur kurz im Grenzbereich ist, hält sich der Schaden normal auch in Grenzen. Genauso ist es im Leistungssport: Muskelkater und Reizungen gehören einfach dazu. Doch genau wie beim Formel 1 Auto der Motor in die Luft fliegt, wenn die Drehzahl zu lange im roten Bereich ist, hält auch der Körper zu großen Belastungen nur eine gewisse Zeit stand. Die Folge sind Verletzungen, der Hassgegner jedes Leistungssportlers. Trotzdem sind sie ein bedeutender Teil des Leisungssports. Wie könnte man denn sonst die vierte Bundesliga Aktuell Sendung unter der Woche füllen, wenn man nicht über die zwickende Wade eine Ballkünstlers sinnieren könnte…

operation-grossBei schwereren oder wiederkehrenden Verletzungen muss der Betroffene dann immer häufiger „unters Messer“. Operationen werden immer alltäglicher und die Ärzte und Kliniken immer professioneller. Trotzdem ist es erstaunlich, wie schnell sich die Topathleten inzwischen von den Eingriffen erholen und wieder auf dem Platz stehen. Das beste Beispiel der jüngeren Vergangenheit ist Sami Khedira. Gerade mal 6 Monate nach seinem Kreuzbandriss stand der Nationalspieler bei der Weltmeisterschaft auf dem Platz als ob nichts gewesen wäre. Und das nach einer Verletzung die normalerweise mit 12-18 Monaten Regenerationszeit angegeben wird. Da kommt einem das Wort „Wunderheilung“ in den Sinn. Doch wie schaffen es Leistungssportler die Verletzungszeiten so zu verkürzen?

Dazu will ich euch heute mal ein paar Erklärungen geben. khediraVor einem Jahr, am 24.07.2013 hatte ich die zweifelhafte Ehre in den Club der medizinisch Optimierten einzutreten. Ich hatte mir beim Speerwerfen das Innenband des Ellenbogens gerissen und bekam nun bei der so genannten „Thommy John’s“ Operation eine Sehne aus dem Unterarm als Ersatz eingepflanzt. Die Verletzung ist unter Baseballspielern sehr verbreitet und daher haben wir sie bei einem amerikanischen Spezialisten durchführen lassen.

Damit wäre wir auch schon beim ersten Schritt zur Wunderheilung: Der richtige Arzt. Durch die Erfahrung eines Spezialisten kommt es zu weniger Fehlern und besseren Ergebnissen. Meine OP war beispielsweise die dritte dieser Art an dem Tag und es war gerade mal 10 Uhr morgens. Außerdem weiß ein Spezialist mit zig Tausend OPs im Rücken auch besser, welche kleinen Modifikationen für den Einzelnen von Vorteil sein können. Z.B. ob man die Ersatzsehne aus dem Arm oder dem Bein nimmt, und von welcher Seite. Hinzu kommt noch, dass die Medizin sich heutzutage rasant entwickelt und nur Spezialisten wirklich auf dem neuesten Stand sind. So kam mein Arzt beispielsweise mit einem halb so langen Schnitt aus wie noch vor drei bis vier Jahren üblich.

rehaDanach kommt der nächste wichtige Abschnitt: die Reha. Ich kann gar keine Beschreibung finden, wie sehr ich die Reha gehasst habe. Wer meine Hasshymne auf das Laufen gelesen hat weiß, wie sehr ich diesen Teil des Trainings verabscheue. Aber Reha ist nochmal auf einem ganz anderen Level. In der Reha fühlt man sich wie ein Bewegungslegastheniker, während man sich reinhaut wie Rocky in der letzten Runde. Der Fun-Faktor liegt irgendwo zwischen Steuererklärung und Zahnarzt. Wer das Gefühlt hat die Zeit vergeht wie im Flug, dem rate ich mal eine Stunde Reha zu machen: Zehn Sekunden waren noch nie so lange. Aber abgesehen davon, dass die Reha anstrengend, langweilig und nervtötend ist, stört vor allem ein Aspekt: All die Reha-Übungen dienen nur der Regeration und bringen nichts für die eigentliche Sportart. Reha ist wirklich das Letzte.

Dennoch ist die Reha entscheidend, wie lange die R20131002_011244_lindsey-vonn-rehabückkehr
 dauert. Während viele normale Patienten vielleicht zwei- bis dreimal pro Woche der unliebsamen Reha nachgehen, verbringt man als Leistungssportler ganze Tage in der Physiotherapie. Die ersten vier Monate nach meiner OP habe ich bis zu 4 Stunden am Tag Reha gemacht. In der Reha gibt es eine gewissen Anzahl, wie oft man die Übungen eines gewissen Levels absolviert haben muss, bevor man das nächste Level in Angriff nehmen darf. Ob man dazu zwei oder vier Wochen braucht ist relativ egal. Natürlich gibt es Grenzen, wie extrem man Reha-Programme komprimieren kann, aber die allgemeine Prognose des Arztes ist meist ein relativ entspannter Zeitplan. Dementsprechen hat Khedira mindestens die gleiche Anzahl an Reha-Einheiten absolviert wie Max Mustermann in 18 Monaten Kreuzbandriss-Reha. Offensichtlich ist auch die Qualität des Reha-Programms von Bedeutung, wobei das wieder mit dem obigen Punkt der Arztwahl zusammenhängt.

Zu guter Letzt ist die Schnelle des Comebacks eine Frage der Risikobereitschaft. Die Prognosen eines Arztes sind von Haus aus konservativ. Schließlich fällt eine erneute Verletzung letzlich auf den Arzt zurück, wenn dieser die Freigabe gegeben hat. Daher gibt ein normaler Arzt auch nur dann die Freigabe, wenn er sich 100% sicher ist. Im Profisport ist es ein wenig anders. Ein Mannschaftsarzt trägt nicht die gleichen Risiken. Die Entscheidung zu starten oder zu spielen trägt letztlich der Athlet und die Einschätzung des Arztes ist nur ein Argument in der Abwägung.

badstuberGenau so war es auch bei meiner Operation. Ich hatte 11 Monate bevor ich wieder im Wettkampf mit voller Kraft Speer werfen musste. Die normale Regenerationszeit war mit 12-18 Monaten veranschlagt. Die Reha verlief wirklich gut. Natürlich hatte auch ich die Auf und Abs, die einem teilweise schlaflose Nächte bringen, aber am Ende war ich weit genug um wieder im Wettkampf zu werfen. Bei der letzten Kontrolle beim Arzt, befand auch er, dass ich bereit bin, aber wies mich eben auf das „Restrisiko“ hin. Meine Geschichte sollte gut ausgehen und ich habe in meinem ersten Wettkampf zurück fast Bestleistung geworfen. Aber im Hinblick auf die „Wunderheilungen“ im Spitzensport, ist das Restrisiko, dass die Sportler eingehen, ein wichtiger Aspekt. Khedira hat es zu einem gewissen Prozentsatz riskiert, sich erneut zu verletzten, um bei der WM mitspielen zu können. Man kann nur munkeln, wie hoch das Risiko war: 10%, 25%, 50%? Wie auch immer die Zahlen sind, einen Teil des beschleunigten Comebacks erkauft man sich dadurch seine Karriere aufs Spiel zu setzen.

Wenn man all diese Mittel zusammenfügt, hat man die Chance auf ein unglaublich schnelles Comeback, eine „Wunderheilung“. Aber es ist nie eine sichere Nummer und es kann auch schnell nach hinten losgehen, wie zum Beispiel der Fall Badstuber zeigt. Doch egal wie die individuelle Situation aussieht, eine OP ist immer ein großer Einschnitt ins Training. Aber wer diese drei Punkte beachtet, hatte gute Aussichten auf eine baldige Rückkehr zur wahren Leidenschaft, dem Leistungssport!

5 Dinge, die ich gerne mal über Doping wüsste!

Ben Johnson, Marion Johnes, Justin Gatlin… die Liste der Prominenten Dopingsünder ist lange und es ist gerade mal ein Jahr her das mit Tyson Gay und Asafa Powell zwei weitere Größen der Leichtathletikwelt des Dopings überführt wurden. Es folgen immer empörte Medienreaktionen, Schuldgeständnisse und Anschuldigungen und am Ende ist man als Zuschauer so schlau wie am Anfang, nur dass der Glaube an einen sauberen Sport wieder mal ein bisschen weniger geworden ist. Dabei wäre es wirklich an der Zeit endlich mal Licht ins Dunkel zu bringen und Sportler und Fans aufzuklären. Hier sind daher 5 Dinge, die ich gerne mal über Doping wüsste:

1. Kann „verseuchtes“ Essen (oder Nahrungsergänzungsmittel) wirklich einen Test positiven Test verursachen?doping

Generell hat für mich als Leistungssportler diese Frage große Auswirkungen. Man muss sich immer Gedanken machen, ob irgenwo vielleicht irgendwas drin ist. Und können solche Verunreinigungen ausreichen, um die Werte im Körper so zu verändern, dass ein Test positiv wird?

Nehmen wir beispielsweise den Fall von Tour de France Sieger Alberto Contador, der positiv auf Clenbuterol getestet wurde. Der Artikel erklärt, dass Contador 50 pictogramm (0,000 000 000 05 Gramm pro Milliliter) der Substanz in seinem Blut hatte und er den Fund mit „verseuchtem“ Fleisch erklärte. Es gab einen nahezu identischen Fall mit dem deutschen Tischtennisspieler Dimitrij Ovtcharov. Als kritischer Mensch stelle ich mir 2 Fragen: 1. Ist die Erklärung plausibel? In anderen Worten, hat jemand mal untersucht, ob man durch das Essen von „verseuchtem“ Fleisch Clenbuterol im Blut haben kann. Und wenn ja wie viel? 2. Was für eine Wirkung haben 50 pictogramm? Dazu kam vor kurzem die Warnung vor dem Verzehr von Nahrungsergänzungsmitteln, einem wichtigen Bestandteil der Regeneration. Was passiert tatsächlich, wenn die Präparate verunreinigt sind?

2. Wer legt eigentlich die Grenzwerte fest und wie sind diese Werte einzuschätzen?doping-cycling

Neben künstlichen Präparaten zur Leistungssteigerung, gibt es viele körpereigene Substanzen die leistungsfördernd wirken. Das bekannsteste Beispiel hierbei ist wahrscheinlich Testosteron. Während man bei den künstlichen Substanzen noch relativ leicht jegliches Vorhandensein mit Sperren belegen kann, muss bei den körpereigenen Substanzen, die auch extern zugeführt werden können, ein Grenzwert her. Doch wer legt eigentlich fest, was natürlich ist?

Ein anderer Fall aus diesem Feld ist Flyod Landis. Auf dem Weg zu seinem Tour de France Sieg wurde ihm die Gebrauch von Testosteron nachgewiesen. Um extern zugeführtes Testosteron zu identifizieren wird das Verhältnis von Testosteron und Epitestosteron ermittelt. Der Grenzwert liegt bei 4/1. Landis wies Werte von 12/1 auf. Was jedoch interessant an diesem Fall ist, dass der Grenzwert in den letzten Jahren immer weiter herabgesetzt wurde. Von 8/1 auf 6/1 und schließlich auf 4/1. Gemessen an den heutigen Standards wären sicher viele Proben aus den vergangenen Jahrzehnten nachträglich positiv. Ein Tennisspieler hat mir auch mal erzählt, dass viele der Stars bei den olympischen Spielen nicht starten weil die ATP höhere Grenzwerte hat und daher bei den Spielen positiv testen würden. Es hat mich nicht überrascht dass ich dazu keine Informationen gefunden habe. Ein weiteres Beispiel sind sicher die erhöhten Hämoglobinwerte von Evi Sachenbacher-Steele.

3. Wie groß ist die Wirkung von verschiedenen Substanzen und sollten die Strafen nicht entsprechend sein?morpheus-red-pill-blue-pill

Die Dopingvergangenheit der DDR ist kein Geheimnis und viele der Weltrekorde inbesondere im Frauenbereich völlig utopisch. Doch während man in diesem Fall wahrscheinlich die perfekte Kombination und Steuerung von Doping beobachten konnte, ist meistens nur eine Substanz Grundlage der Vergehen. Die Liste der Wada ist lang, die Strafe jedoch meist die gleiche 2-jährige Sperrung.

Dazu ein Beipsiel aus jüngster Vergangenheit: Tyson Gay wird 2013 der illegale Konsum eines anabolen, nicht körpereigenen Steroids nachgewiesen. Genaue Zahlen und Fakten werden nicht bekannt.  Um wie viel wurde der Grenzwert überschritten? Zehn Prozent? Das doppelte? Das hundertfache? Und wenn die Zahlen bekannt sind, was bedeuten sie? Wie groß ist der Einfluss auf die Leistungsfähigkeit? Gay kooperierte übrigens mit der USADA und kam mit einem Jahr Sperre davon. Im gleichen Jahr wurde mit Asafa Powell ein weiterer Weltklassesprinter gesperrt. Powell wurde der Gebraucht von Stimulanzien nachgewiesen. Powell wurde für 18 Monate gesperrt; länger als Gay, obwohl Steroide eine wesentlich längere Wirkung haben.

4. Wie lange dauert es bis sich die Leistungssteigerung durch Doping wieder normalisiert?

7999333739_f202008ee3Wenn also ein Athlet durch Doping sein Leistungsvermögen unnatürlich steigert, wie lange dauert es, bis sein Leistungsvermögen wieder auf den normalen Stand zurückkehrt? Ein Jahr? Zwei Jahre oder sogar vier? Kehrt es überhaupt wieder zurück? Ich habe kürzlich in einer Studie gelesen, dass es möglicherweise bis zu 10 Jahre dauert.

Auch hier ist Gay wieder ein gutes Beispiel. Er läuft  2013 die schnellsten Zeiten seiner Karriere, nachweislich nachgeholfen, darf aber nach gerade mal einem Jahr wieder starten. Aus einer Karrieresicht könnte sich sein Doping vielleicht sogar auszahlen im Hinblick auf die olmypischen Spiele 2016. Er erhöht sein Leistungsvermögen künstlich, und hält es dann bis zu den Spielen. Ein anderer Fall aus diesem Gebiet ist Dwain Chambers. Der Sprinter gibt die massive Zuhilfenahme verbotener Substanzen zu und kommt wenig später zurück und läuft eine der schnellsten Zeiten jemals über 60m. Wie lange also müssten Dopingsünder wirklich gesperrt werden?

5. Wie funktioniert das Anti-Doping System und wie arbeiten die Labore?

laborIch verstehe, dass die WADA/NADA als Kontrollinstanz ihre Vorgehensweise nicht veröffentlichen will, um Betrügern keine Schwachstellen zu offenbaren. Dennoch wäre gerade für Sportler und Fans ein wenig Aufklärung wichtig, um den Glauben an sauberen Sport wieder herzustellen. Wie werden die Kontrollen geplant? Wann wird welcher Sportler getestet? Wie verlässlich sind die Labore? Wie groß sind die Unterschiede zwischen einem Labor in der Karibik und einem in Deutschland?

Im Vorfeld der Leichtathletik Weltmeisterschaft in Berlin zeigte die ARD eine Dokumentation zum Thema Doping. Es ist schockierend, wie scheinbar mühelos die Spieler im globalen Dopinggeschäft die Tester an der Nase herumführen. Ist das wirklich der Fall? Sind Fälle wie der des Dopingbarons Fuentes Ausnahmefälle, die früher oder später aufgedeckt werden oder bleiben die meisten dieser Kartelle unentdeckt?

Die ganze Thematik betrifft mich als Leistungssportler natürlich enorm und ich habe logischerweise versucht Antworten auf diese Fragen zu finden. Leider waren meine Recherchen in diesem Zusammenhang wenig fruchtbar. Es ist auch kein Thema über das man einfach sprechen kann ohne gleich in die falsche Schublade gesteckt zu werden. Daher will ich nochmal betonen, dass es mir um Aufklärung geht und nicht Anleitungen zum Missbrauch. Ich würde mir wünschen, dass man als sauberer Sportler ruhig schlafen kann, dass man weiß welches Steak und welche Zahnpasta man besser stehen lässt und sich abgesehen davon ohne Angst das Essen schmecken lassen kann, und zu guter Letzt, dass die Öffentlichkeit zwischen ehrlicher Arbeit und Betrug unterscheiden kann! Also liebe Wada, Nada und Professoren, bringt Licht ins Dunkel!

 

 

 

 

Periodisierung – „Glücksspiel“ im Leistungssport

„Beim Saisonhöhepunkt top-fit sein“ – Es ist eines der Hauptziele im Hochleistungstraining. Nur wer bei internationalen Meisterschaften in Topform ist hat eine Chance auf die Medaillen. Wenn es darum geht die Top-Leistung genau richtig zu Timen, spricht man in der Sportwissenschaft von Periodisierung. Doch obwohl Periodisierung zu den best erforschten Gebieten zählt und schon seit über 40 Jahren geforscht wird, schaffen es gerade mal  ca.15% der Athleten beim Höhepunkt ihre Saisonbestleistung aufzustellen. Das ist nur knapp über purem Zufall.

perio2Wie also kann sein, dass es jahrelange Aufzeichnungen des Trainings vergangener Weltmeister und Olympiasieger gibt und die Erfolgsrate dennoch so gering ist? Zugegeben, Wind und Wetter sowie die Anlagen spielen druchaus eine Rolle in einer Welt in der es um Zentimeter und Hundertstelsekunden geht.

Gegenwind im 100m Finale macht Weltjahresbestleistungen unmöglich. Doch wie erklärt man dann Abschneiden wie das der deutschen Schwimmmannschaft bei den Olympischen Spielen in Deutschland? Abgesehen von zwei Schwimmern, die nicht mit der Mannschaft trainiert hatten, kam kaum einer der Schwimmer den Zeiten nahe, die sie einige Wochen zuvor bei den Deutschen Meisterschaften gezeigt hatten.

Um diese Fragen zu beantworten muss man einen kurzen Abstecher in die Wirkungsmechanismen der Periodisierung machen. Die zwei Hauptwerkzeuge der Periodisierung sind Umfang und Intensität. Am Anfang der Vorbereitung ist der Umfang hoch, aber die Intensität niedrig. Je näher man dem Wettkampf kommt, desto geringer wird der Umfang und desto höher wird die Intensität. Mithilfe dieses Prinzips wird die Höchstleistung genau auf den Saisonhöhepunkt getimt. Was so simple klingt ist in der Praxis allerdings äußert kompliziert und nur die besten Trainer schaffen es die richtigen Änderungen zur richtigen Zeit zu machen. Denn Periodisierung ist ein wenig wie Glücksspiel.

Der Leistungssprung zum Höhepunkt wird nur möglich, weil die Leistung im Rest vom Jahr wesentlich niedriger ist. Diese Methode verlangt den Athleten einiges ab. Allen voran Geduld und Vertrauen. Denn es lässt sich nie ganz sicher sagen, ob die durchschnittliche Leistung auf die Periodisierung zurückzuführen ist oder ob etwas schief läuft. Das einzige was man als Athlet hat ist der Vergleich mit vergangen Jahren und Vertrauen ins Training. Die andere große Versuchung ist zu testen, wo man denn steht. Das Problem ist, dass der Plan nicht aufgeht, wenn man zu früh die Intensität hoch und die Umfänge runterschraubt. Es ist, als ob man einen Luftballon aufbläst, den man fliegen lassen will. Wenn man ihn kurz loslässt um zu sehen wie viel Zug er schon hat, entweicht Luft die später dann fehlt. Es erfordert viel Geduld seinen Luftballon prall gefüllt zu lassen und zu warten, wenn die Konkurrenz gute Leistungen zeigt.

718436_krankenwagenDas andere große Problem mit der Periodisierung sind Verletzungen und andere Zwischenfälle, die dazu führen, dass der Athlet Trainingseinheiten verpasst. Die Grundlage der Periodisierung ist Konstanz. Das Prinzip funktioniert nämlich nur, wenn die Grundlagen aus den Vorbereitungsphasen in Explosivität für die Wettkämpfe umgewandelt werden. Wenn diese Prozesse durch Verletzungen unterbrochen werden, kommt es häufig dazu, dass Athleten davon sprechen, dass sie sich nicht richtig spritzig gefühlt haben.

Und wer sich schon immer gefragt hat, warum viele Athleten eine gute Saison damit begründen „gesund“ geblieben zu sein, dem kann man nur sagen, so sieht es aus wenn die Periodisierung aufgeht und man in der Lotterie gewinnt.

Ziemlich beste Feinde – Von wegen Runner’s High!

Die Chronik meiner Laufkarriere hat alles, was die ganz großen Läufer ausmacht: Schon sehr früh gut gewesen, direkt das erste Rennen gewonnen, mit einem guten Kick als Meisterschaftsläufer bewiesen und auf dem Höhepunkt aufgehört. Sie haben noch nie von mir gehört? Und das, obwohl Sie die Großen wie Baumann und Schumann kennen? Ich habe auch keine wirklich plausible Erklärung dafür. Eine wage Internettheorie besagt, dass es darandieter-baumann-1992-514 liegt, dass meine Läuferkarriere ein Straßenlauf war. Mit 8 Jahren. Äußert wage, wie gesagt. Meine Kritiker behaupten immer wieder, dass ich ein One-Hit wonder gewesen sei, das nie mehr an seine Jugenderfolge anknüpfen konnte und schließlich aufgegeben hat. Diesen Laien habe ich immer wieder entgegnet, dass die Entscheidung damals aus einem vollkommen offensichtlichen Grund gefallen ist: Ich wurde nicht zum Läufer geboren, so viel steht mal fest.

Im Laufe der Jahre habe ich viele Versuche unternommen in der Lauferei Fuß zu fassen. Mein Körper hat mir dann mit Nachdruck klargemacht, dass wir zwei auf diesem Gebiet nichts zu suchen haben. Insbesondere in der kritischen Phase zwischen 13 und 17, wenn der Hormonumschwung nochmal neue Potentiale eröffnet, hat sich mein Körper gedacht, Belastungsasthma ist doch was Feines. Damit wäre auf jeden Fall sichergestellt, dass ich nach dem ersten Tempolauf und 15min Dauerlauf fertig bin (Also fertig im Sinne von „nach Luft japsend auf dem Boden liegen“). Es ist unschwer zu erkennen, dass ich schon immer äerschoepfung-die-sich-lohntußert positive Emotionen und Erfahrungen mit dem Laufen verbinde. Für die meisten wäre spätestens nach dem 10. Anfall klar gewesen, dass die Talente wohl bei anderen Sportarten liegen müssen und hätten gewechselt. Mir war das natürlich auch klar, aber mein Talent ist die Vielseitigkeit und damit der Mehrkampf, und der hat leider auch Laufdisziplinen.

„Verbesserungen im Laufbereich brauchen Zeit und ich muss nur dranbleiben“ ist eine der typischen Reaktionen, die ich bekomme, wenn ich über meine ausgeprägte Laufleidenschaft rede. Das Argument an sich ist plausibel. Bestimmt haben viele von euch schonmal über die 10 000 Stunden-Regel gehört, die besagt, dass man bei gegebenem Talent 10 000 Stunden Erfahrung in einer gewissen Tätigkeit sammeln muss, um ein wahrer Meister zu werden. Also habe ich diesen Herbst einen letzten Anlauf genommen der Lauferei doch noch Herr zu werden. Jeden Tag, in 30°+ eine Einheit mit Laufen: Intervallläufe, Treppenläufe, Bergläufe, Diagonalen und Geraden, Laufzirckel und Dauerläufe. Ich habe teilweise ganze Wochenenden durchgeschlafen, um am nächsten Montag zumindest wieder halbwegs restauriert auf dem Platz zu stehen. 12 Wochen lang, aufgeben gilt nicht, es musste doch irgendwie zu schaffen sein… Wollt ihr wissen, was passiert, wenn man die 10 000 Stunden macht, aber keine Talent dafür hat? Sehr wenig ist die Antwort. Die ersten 2-3 Wochen sieht man noch einen gewissen Gewöhnungseffekt, aber der letzte Lauf in der 12. Woche is genauso qualvoll wie der erste in der 4. Woche. Quod era demonstrandum!

Eine gute Beschreibungrunning sucks für meine Beziehung zum Laufen ist die von alten verbitterten Eheleuten. Ich kann nicht ohne, weil ich sonst auf den 400m und 1500m den Heldentod sterbe, aber jede Interaktion ist die reinste Qual. Ich hätte gerne ein T-shirt auf dem „Running Sucks“ steht, nur um damit meine Läufe machen zu können. Ich hätte gerne eine Maschine in der Menschen genau das fühlen, was ich beim letzten Intervalllauf fühle. Weg wären die ganzen Toughmudder, Hindernisläufe und Marathons als Grenzerfahrung. Wer das „Johannes Hock 6x300m“-Programm durchsteht, der darf sich wirklich als harter Hund sehen. Gerade all den Leichtfußgazellen da draußen, für die Laufen so einfach ist wie Autofahren für Vettel, würde das mal gehörig die Augen öffnen.

huskyNicht jeder ist zum Läufer geboren oder sollte Laufen, auch wenn Laufen immer als der natürliche Sport schlechthin verkauft wird. Wer dafür einen Beweis braucht, stelle sich nur mal an Kilometer 30 irgendeines Marathons und warte, bis die Elite vorbei ist. Die Meute an Bürohengsten in den Mittvierzigern, die danach kommt, ist Anschauungsmaterial genug.

Und ja, es gibt durchaus Momente, in denen ich mit Neid auf die Läufer blicke, die scheinbar mühelos dahinschweben, während ich Berg von Mann mich wie ein Gletscher über die Bahn schiebe. In diesen Momenten wünsche ich mir einmal dieses Gefühl der Mühelosigkeit zu haben, das berühmte „Runner’s high“. Allerdings mehr so, wie man mal eine bestimmte Achterbahn fahren will, mal einen Fallschirmsprung machen will. Die meiste Zeit ist es aber Unverständnis, mit der ich aufs Laufen blicke, weil Talent hier eben fast alles ist. Mir ist es lieber mein Schicksal selbst in der Hand zu halten. Ich will meines eigenen Glückes Schmied sein. Und zumindest im Hinblick auf das Laufen, habe ich jahrelang mit dem Hammer draufgeschlagen, aber das Eisen ist offenbar kalt.

Trotzdem muss ich auch sagen, dass meine wahrscheinlich triumphalsten Momente mit dem Laufen zu tun haben. Wenn es beim Zehnkampf in die letzte Disziplin geht und der Wettkampf knapp ist, ist der wahre Kriegsschauplatz nicht auf der Bahn. Der wahre Kampf ist KopNCAA Championf gegen Körper – Mind over Matter heißt es so schön. Für mich heißt das aber noch viel mehr. Es heißt ich gegen meine Schwächen, ich gegen „kann nicht“ und „geht nicht“. Es heißt sehenden Auges ins offene Messer zu laufen. Es geht letztlich darum etwas zu tun, was man nicht kann! Wenn man aber genau das dann schafft und mit Bestzeit im Ziel zusammensackt, ist das fast schon eine religiöse Erfahrung. Eine Erfahrung, die ein talentierter Läufer nie so haben wird; eine Erfahrung, die ich in meinen starken Disziplinen nie haben werde, denn wo immer man Fortschritt sieht, sind auch neue Höhen keine komplette Überraschung. Die wirklich großen Siege, sind die Siege über die eigenen Schwächen!

Und so drehe ich Woche für Woche wieder meine Runden, sehe aus wie das Leiden Christi und fühle mich auch so, verdamme jeden einzelnen Schritt und den Witzbold, der die 400m und 1500m in den Zehnkampf gebracht hat. Manchmal sehe ich  Licht am Ende des Tunnels, nur um ein paar Tage später wieder keuchend von der Realität eingeholt zu werden. Ich probiere andere Läufe, andere Strecken, andere Pausen, nur um am Bear_Wrestling_by_jameson9101322Ende doch wieder zum Ergebnis zu kommen, dass Laufen doch immer Laufen bleibt. Mal kann ich mit den andern Jungs mithalten, nur um später herauszufinden, dass alle krank waren. Mal deuten die Zeiten den Beginn einer neuen Ära an und dann war das Hütchen 10 Meter zu kurz gestanden. Aber jede Woche aufs Neue treffe ich mich mit meinem inneren Dämon und dann wird die nächste Runde eingeleitet in einem ewigen Kampf, der meistens unentschieden ausgeht.

 

PS: Ach ja, und mit 45 laufe ich dann wahrscheinlich einen Marathon…

Meistens Unsichtbar – Die Tage, an denen keiner zusieht

„Ich lebe für die Tage an denen mich niemand sieht, nicht nur für die mit Publikum.“ heißt es in der Werbekampagne von Asics zu den Olympischen Spielen 2012. Ehrliche Realität in eigentlich allen olympischen Sportarten, die mehr oder weniger 4 Jahre im Dunkeln liegen, bevor sie für ein paar Wochen mal kurz vom Scheinwerferlicht der Medienlandschaft gestreift oder sogar geblendet werden. Der Clip führt den Zuschauer ein wenig in eine Welt, von der man abseits von Mediensportarten wie Fußball nur sehr selten etwas zu sehen bekommt: dem Trainingsalltag. Wenn man so will, ist das die wahre Welt des Sports. Abseits von Blitzlichtgewittern und Saisonhöhepunkten, an einem weiteren Montag, oder Dienstag, oder Samstag. „This is where the magic happens“ sagt der Amerikaner so schön. Hier wird die eigentliche Arbeit geleistet. Wie die Mechaniker der Formel 1 Teams tüftelt man an allen Komponenten, um im nächsten Jahr wieder vorne zu sein. Wer zu wenig Leistung hat, wenn die Rennen losgehen, hat schon verloren. Da hilft auch der beste Fahrer nichts. Genauso ist es in der Leichtathletik auch. Bild

Doch obwohl sich in den Wochen und Monaten vor den eigentlichen Wettkämpfen schon so viel entscheidet, sieht keiner hin beziehungsweise lässt man keinen hinsehen. Das ist schade, denn damit nimmt sich die Leichtathletik einen wichtigen Reiz. Die Leichtathletik ist zahlenlastig und für Nichtexperten sind die Leistungen kaum einzuordnen. Wenn ein Zehnkämpfer 10.50s rennt, damit 2. in seinem Lauf wird und dann noch der 100m Weltrekord eingeblendet wird, kann man keinem Zuschauer ohne jahrelange Leichtathletikerfahrung verübeln, dass er die Leistung erstmal als mittelmäßig einstuft, obwohl sie eigentlich Weltklasse ist. Wenn man ehrlich ist, muss man sich auch eingestehen, dass nie eine große Masse an Menschen dieses Fachwissen haben wird. Doch das braucht es auch nicht, denn genauso faszinierend wie die Leistung am Wettkampftag, ist der Weg dorthin, aber den zeigt keiner. Leistungen bringen mehr Anerkennung und Respekt, wenn man weiß wie hart der Athlet dafür gearbeitet hat. Die ergreifenden Sportgeschichten handeln immer auch von Anstrengung und Kampf, nicht nur von der Leichtigkeit des Sieges. Bild

Christina Obergföll gewann nach vielen Jahren mit internationalen Bronze- und Silbermedaillen endlich ihre verdiente Goldmedaille im Speerwerfen und wurde für ihr Durchhaltevermögen als Sportlerin des Jahres ausgezeichnet. Weitentechnisch gesehen war es gerade mal ihr 5. Bestes Jahr. Genau daran kann man sehen, dass die Zuschauer vor allem auch die Geschichte des Athleten fasziniert. Einsatz, Verzicht, Rückschläge und Comebacks. Ohne die Hintergründe der Sportler bleiben die Zuschauer genau was ihre Bezeichnung beschreibt: Menschen, die einem interessanten Ereignis zuschauen, wie den Raubtieren im Zirkus. Gerade in der heutigen Zeit von Internet und sozialen Medien gibt es jeden Tag was Neues. Selbst ein neuer Weltrekord wird einmal angeschaut und dann gibt es morgen wieder einen neuen Extremsportler, der von einem noch höheren Wolkenkratzer gesprungen ist. Wer wirklich mehr Menschen dauerhaft für die Leichtathletik begeistern will, muss durch Emotionen und Hintergründe überzeugen, denn die blanken Zahlen sind nur für den Kenner beeindruckend.

Man denke nur mal an die Erfolgsgeschichte von „Deutschland. Ein Sommermärchen“, der Dokumentation zur Vorbereitung der deutschen Nationalelf auf die Heim-WM 2006. Sönke Wortmann begleitete die Mannschaft das gesamte Jahr vor dem Großereignis und durch das Turnier bis in die Umkleidekabine. Einer der wenigen Einblicke hinter die Kulissen, der die gesamte bewegende Geschichte erzählt. Die Reaktion der Fans auf den Film war überwältigend. 11 Millionen Fans sahen die Premiere in der ARD ein halbes Jahr nachdem die WM längst zu Ende war. Auch hier war es nur noch Nebensache, dass es letztlich nur der 3. Platz war. Der Weg dorthin machte Deutschland zum „Weltmeister der Herzen“.

BildSelbst in Hollywood, im Epizentrum der Unterhaltungsindustrie, wird immer wieder dieses Motiv verwendet. Man denke nur mal an die weltbekannte Rocky Reihe. Wie inspirierend wären die Filme wohl, wenn man nur die letzte Runde des finalen Kampfes zeigen würde in der Rocky Balboa seinen Gegner vermöbelt? Nicht im Geringsten und dennoch ist genau das die Präsentationsweise in der Leichtathletik. Man lässt die komplette Vorgeschichte außen vor und zeigt dann die letzten 5 min des Films, wo eigentlich eh schon feststeht wie er ausgeht. Im ersten Rocky Film gewinnt er noch nicht mal den finalen Kampf. Rein faktisch verliert er nach Punkten und dennoch ist er aufgrund der Vorgeschichte der wahre Gewinner des Kampfes: Vom Straßenboxer zum Profi. Auch in allen anderen Teilen der Serie findet sich früher oder später in einer Lage wieder, in der er keine Chance auf den Sieg hat und dann beginnen die epischen Trainingseinheiten mit halbierten Rindern und den weltberühmten Treppenläufen. Willkommen im Wintertraining der Leichtathletik! Schon klar, wir haben keine halben Rinder, dafür haben unsere Treppen aber anstatt 72 haben 106 Stufen und wir müssen anstatt einem kurzen Sprint bis zu 25-mal hoch.

Ich glaube, es ist offensichtlich worauf ich hinaus will. Der Sport lebt davon, dass die Athleten inspirieren. Nicht nur durch ihre Leistung an sich, sondern vor allem durch die Art und Weise wie diese Spitzenleistungen entstehen.  Werte wie Hartnäckigkeit, Durchhaltevermögen und Ehrgeiz, die sich mit Erfolgen auszahlen haben hinterlassen Eindruck und haben Vorbildcharakter. Sport Motivation hat einen großen Hype und Webseiten, die entsprechende Sprüche und Videos posten haben hunderttausende von Abonnenten. Wir Athleten sind diejenigen, die diese Reden und Bilder leben, aber lassen die Welt zu wenig daran teilhaben, was es wirklich heißt um schon um 6 Uhr morgens oder noch um 10 Uhr abends in der Halle oder auf der Bahn zu stehen.

Nur wenn wir den Fans mehr Möglichkeit geben an unserer Geschichte teil zu haben, mit zu leiden und zu feiern, können sie die Leistungen beim Saisonhöhepunkt wirklich einschätzen. So kann man auch die Aufmerksamkeit für die Leichtathletik über das ganze Jahr höher halten. Selbst wenn einen die Leichtathletik interessiert ist es im Moment nur bei sehr wenigen Athleten möglich zu erfahren, wie das Training momentan aussieht, ob sie gesund sind und wo man sie das nächste mal zu sehen bekommt. Das macht es unmöglich die Entwicklung dieser Athleten zu verfolgen, da es einfach keine Informationen gibt. Und dann stehen beim Saisonhöhepunkt eben 8 Unbekannte auf der Bahn. BildWie also sehen sie aus, die Tage an denen keiner zusieht? Sie sind mal wunderschön und ein andermal tragisch, sie sind ein Zeugnis harter Arbeit, sie wiederholen sich und sind doch nie gleich, manchmal hat man einen Durchbruch, der einen für all die Entbehrungen belohnt und manchmal hätte man auch zu Hause bleiben können, mal schwebt man nur so dahin und ein andermal fällt jeder Schritt schwer. Eines jedoch sind sie nie und das ist langweilig. Jeder Athlet hat seine Geschichte und es sind viele dabei, die man sich nicht besser ausdenken könnte. Viele Sportler warten bis zum Karriereende bevor sie ihre Geschichte in einer Biographie enthüllen. Die erfolgreichsten Bücher sind allerdings meistens die, bei denen das Ende noch offen ist und alle auf den nächsten Band warten. Wir schreiben jede Woche neue Kapitel, wäre doch schade wenn sie keiner zu Lesen bekommt.